ei einer Erkältung fehlen Arbeitnehmer im Durchschnitt 6,5 Tage. Bei einem Burnout ist dies schwer zu beziffern, denn es ist keine offizielle Krankheit. Stattdessen lautet die Diagnose zumeist Depressionen, um das Burnout medizinisch für den Krankenschein zu umschreiben. Viele Betroffene fehlen nur gut drei Wochen. Doch diese Zahl ist trügerisch. Ein Teil der Betroffenen kehrt nämlich gar nicht erst in den Job zurück, von dem er sich freigestellt hat. Die Genesungszeiten schwanken daher erheblich. Rund sechs Monate sollten Betroffene einkalkulieren. Es können jedoch auch Jahre sein.
Davon hängt die Erholungszeit beim Burnout ab
Burnout ist nicht gleich Burnout. Aus diesem Grund ist die Genesungszeit auch so schwer anzugeben. Wie lange sie beim Einzelnen ist, hängt vor allem von folgenden Faktoren ab:
- wie schlimm das Burnout ist
- Konstitution und Allgemeinbefinden
- Dauer der Überlastung
- welche Änderungen erfolgen und welche Therapiemaßnahmen
- Erholungsqualität
Einige Burnout-Betroffene arbeiten weiter, da sie Angst um den Job oder Geldsorgen haben. Dies zögert die Heilung hinaus und kann sie sogar verhindern. Andere steigen viel zu früh wieder ins Arbeitsleben ein, wodurch ein Rückfall wahrscheinlich wird.
Hinweis Wer unter Burnout leidet, entwickelt oft psychosomatische Beschwerden wie chronische Rückenleiden oder gar Magengeschwüre. Diese Leiden können eine medizinische Behandlung erfordern, was wiederum Einfluss auf die Burnout-Heilung nimmt.
Änderung unseres Selbst und des Lebens braucht Zeit: Burnout nachhaltig behandeln
Ein Burnout lässt sich nicht mit einer Pille oder einem Sirup beheben. Es ist wichtig, dass der Betroffene sein Leben und damit sich selbst ändert. Dies begründet sich darin, dass Burnout durch eine ungünstige Kombination aus dem eigenen Verhalten und den äußeren Umständen entsteht. Es ist daher wichtig, an uns selbst zu arbeiten. Doch warum ist dies gerade so schwer? Insbesondere Außenstehende können dies schwer begreifen. Ein paar Beispiele verdeutlichen, was daran so schwierig ist und jeder sollte sich dahingehend selbst hinterfragen:
- Innere Widerstände: Einige Dinge, Personen und Verhaltensänderungen lehnen wir aufgrund eines inneren Widerstandes ab. Sie zu überwinden kostet Kraft und Kraft haben Burnout-Betroffene in erster Linie kaum noch.
- Veränderungen brauchen Zeit: Burnout-Betroffene sind oft überehrgeizig. Sie können schlecht Nein sagen und wollen alles selber machen. Wie wird der Betroffene diese Eigenschaften los? Das ist gar nicht so einfach. Oft begründet sich unser Verhalten in unseren Kindheitserfahrungen. Diese Muster zu verlassen, ist kompliziert. Ohne Training geht es nicht.
- Ohne Wiederholung geht es nicht: Es hilft nicht, es einmal geschafft zu haben, Arbeit sinnvoll zu delegieren. Eine konsequente Verhaltensänderung ist gefragt, die sehr mühevoll ist. Nur so kann aus der Änderung ein gesunder Automatismus werden.
Änderungen des Lebens gehen nicht von heute auf morgen
Das Leben bei Burnout-Betroffenen läuft oft in falschen Bahnen. Sie spüren eine Überbelastung, die sich zum Dauerstress entwickelt hat. Nur ein paar Wochen davon eine Pause zu machen, hilft nicht. Geht der Betroffene dann zurück in sein „altes Leben“, ist ein Rückfall vorprogrammiert. Es ist daher wichtig, am Leben grundsätzlich etwas zu ändern.
Ein Beispiel: Steffi ist als Friseurin in einem Friseursalon angestellt, der vor allem Promis und zahlungskräftige Kundinnen bedient. Die Preise sind dementsprechend hoch. Hin und wieder arbeitet das Team bei Modeschauen und Fotoshootings mit. Steffi war ganz begeistert, als sie in solch einem exklusiven Salon anfangen durfte. Sie begann den Job mit großem Engagement. Überstunden schlichen sich schnell ein, denn manch ein Promi kam erst deutlich nach Dienstschluss oder hatte nur sonntags Zeit. Steffi arbeitete emsig und versuchte es stets, allen recht zu machen – den Kundinnen und ihrem Chef. Ihren Kolleginnen gefiel ihr Übereifer gar nicht. Sie lästerten hinter ihrem Rücken. Nach einigen Monaten erlitt Steffi im Auto auf dem Nachhauseweg ihren ersten Weinkrampf. Sie musste anhalten und seufzte: „Meine Kolleginnen mögen mich nicht. Ich habe kaum noch Zeit für die Familie und die vermögenden Kundinnen geben gar nicht so viel Trinkgeld, wie alle sagten.“ In dieser Nacht konnte Steffi kaum schlafen. Am nächsten Morgen machte sie bei der Arbeit einen kleinen Fehler. Das Wasser zum Haarewaschen war der Stammkundin zu heiß, sodass sie aufschrie und eine andere Friseurin verlangte.
Steffi war wie vor dem Kopf geschlagen und jetzt begann eine Abwärtsspirale aus gnadenloser Selbstkritik und Perfektionismus.
Dies ging mit Nervosität einher, die wiederum Fehler und damit Tadel vom Chef provozierte. Wochenlang lief dies so, bis Steffi beschloss, zwei Wochen Urlaub zu nehmen. Und jetzt? Was sollte sie tun? In diesen zwei Wochen findet sie nicht die Erholung, die sie braucht. Sie hat sich bereits in so tiefe depressive Verstimmungen verstrickt, dass sie eine Verhaltens- und Lebensänderung benötigt. So lange ihre Kolleginnen sie mobben und sie dies zulässt, wird sie dort nicht glücklich werden. Soll sie zu einem anderen Salon wechseln? Vielleicht ist solch ein Job auch nichts für sie. Dies zu akzeptieren, die Kraft für einen Neufang zu finden und erfolgreich einen neuen Job zu beginnen, geschieht meistens nicht binnen 14 Tagen.
Das vereinfachte Beispiel macht deutlich, wie vielschichtig das Burnout ist. Es lässt sich nicht mit einer raschen, übereilten Maßnahme heilen. Erfolgt die Behandlung jedoch durchdacht und tatsächlich konsequent sowie zielführend, kann letztlich ein glücklicheres Leben beginnen.
Keinen Druck machen: mit Ruhe das Burnout behandeln
Burnout-Betroffene dürfen sich nicht von Aussagen wie „Dir muss es doch endlich mal wieder besser gehen“ unter Druck setzen lassen. Das Burnout dauert so lange, wie es eben dauert. Das heißt allerdings nicht, dass der Betroffene nichts tun muss. Er ist dazu aufgefordert, sehr viel zu tun. Jedoch sollte er dies in seinem Tempo tun. Angehörige müssen verstehen, dass eine Lebens- und Verhaltensänderung Zeit bedarf. Neue Verhaltensmuster gilt es anzutrainieren und beizubehalten. Der erste Schritt ist immer die Selbstreflexion, die ebenfalls Zeit benötigt. Wer nicht weiß, was er ändern sollte, kann nichts Großes verändern. Spaziergänge durch Wald und über Wiesen, Gespräche mit dem Partner oder auch das Schreiben von Tagebüchern können dabei helfen, die Gedankenwelt zu sortieren. Dies ist die Voraussetzung für eine Heilung vom Burnout.
_________
Photo by Matteo Catanese on Unsplash