S

elbsthilfegruppen, Yoga, Ausdauersport, Vitamine, Psychotherapie, stationärer Klinikaufenthalt: Es gibt viele Möglichkeiten, etwas zu tun, um das Burnout zu überwinden. Was letztlich für den Einzelnen die richtige Selbsttherapie oder professionelle Behandlung ist, hängt vom Einzelfall und dem Schweregrad des Burnouts ab. So hilfreich Spaziergänge im Freien und eine gesunde Ernährung im Kampf gegen das Erschöpfungssyndrom auch sind, eines darf nicht vergessen werden: Der Betroffene muss an den individuellen Ursachen hinter dem Burnout arbeiten, um langfristig glücklich zu sein. Hierbei ist unerlässlich, sich die Gründe für die eigene Burnout-Entwicklung anzuschauen. Was verursacht Stress? Wie wird mit Stress umgegangen?

Stressentwicklung ist individuell

Um das Burnout zu behandeln, müssen Psyche und Organismus dafür aufnahmefähig sein. Im Stresszustand sind sie es nicht. Hier schließt sich die Frage an, was Stress eigentlich ist. Stress ist zuallererst einmal ein Lern- und Bewertungsprozess. Jegliche Wahrnehmung von unserem Hirn durchläuft etliche Bewertungsprozesse – schnell, automatisch und unbewusst. Über die Jahre hinweg haben wir uns Mechanismen angeeignet, die von selbst ablaufen.

Das birgt gewisse Gefahren, denn es fällt so schwer, sich aus alten Verhaltensmustern zu befreien.

Doch exakt das ist beim Burnout wichtig. Eine Verhaltensdisposition muss erreicht werden, um nicht wieder in die gleichen Fallen zu tappen und um mit Stress besser umzugehen.

Ein Beispiel: Erika und Sophie gehen spazieren und unterhalten sich dabei angeregt. Eine Frau mit einem Dackel kommt ihnen entgegen, der an der langen Leine läuft. Während Sophie weiterhin entspannt plaudert, spannt sich Erikas Körper automatisch an. Sie hört zwar ihrer Freundin zu, aber nicht mehr zu 100 %. Sie hat Stress. Als Kind ist Erika von einem Dackel gebissen worden, weswegen ihr Verstand auf diese nicht verarbeitete Erfahrung zurückgreift, sobald sie einen Dackel sieht. Sophie entwickelt keinen Stress, da sie diese Erfahrung nicht teilt. Was für den einen Stress ist, muss für den anderen kein Stress sein.

Stress ist eine Bedrohung

Stress ist für den Geist eine Art Bedrohung. Auf Bedrohungen reagieren wir mit Flucht oder Angriff. Wichtig ist dabei, schnell zu handeln. Das rasche Handeln war für unsere Vorfahren lebenswichtig, um in der Höhle nicht von einem wilden Tier gerissen zu werden. Vor wilden Tieren müssen wir uns heutzutage nicht fürchten, dennoch hat unser Verstand Tiere mit großen Reißzähnen als Bedrohung gespeichert. Das ist bei (fast) allen Menschen gleich. Andere Bedrohungen sind hingegen eingelernt und individuell, wie an dem oben erwähnten Beispiel mit Erika deutlich wird.

Diese eingelernten und überflüssigen Bedrohungen können uns das Leben erschweren. Sie können unnötigen Stress verursachen, der zusammen mit einer mangelhaften Stressbewältigung ein Burnout auslösen kann. Ein Beispiel: Sven hatte einen sehr dominanten Vater, der mit lauter Stimme seinen Sohn züchtigte. Noch heute schreckt Sven vor Personen zurück, die sich mit lauter Stimme durchsetzen möchten. Für ihn stellt die große Lautstärke beim Sprechen automatisch eine Bedrohung dar. Blitzschnell reagiert er darauf: Er zuckt zusammen und gibt dem Sprecher recht.

Das ist seine Art der Flucht aus der bedrohlichen Situation. Sein Verhalten hat er tief verinnerlicht, und obgleich er sich darüber ärgert, kommt er aus diesem Verhaltensmuster nicht heraus.

Was ebenfalls gleich geblieben ist, ist der Stress, der sich in Sven aufbaut. Er wehrt sich nicht gegen sein dominantes Gegenüber und frisst alles in sich hinein. Svens Chef weiß nicht, dass sein Angestellter auf ein lautes, dominantes Sprechen so eingeschüchtert reagiert. Er schätzt, dass er einen Mitarbeiter hat, der immer fleißig alles tut, was er ihm auferlegt. Dabei bemerkt er nicht, dass Sven bereits viel zu viel Arbeit angenommen hat, in der Hoffnung auf Anerkennung und um ja keine Widerworte zu geben. Ein Teufelskreis der unaufgedeckt in einen Burnout resultieren kann.

Stressbewertung wahrnehmen und Stressbewältigung einleiten

Unser Verstand bewertet in kürzester Zeit, ob ein äußerer Reiz relevant ist. Ist er relevant, erfolgt eine Bewertung: positiv, negativ, bedrohlich. Erscheint etwas bedrohlich, bewerten wir automatisch erneut und nutzen dafür unsere individuelle Wahrnehmung sowie Handlungsmöglichkeiten:

  • Sehen wir Handlungsoptionen wird aus der Bedrohung eine Herausforderung.
  • Sehen wir ein Problem entwickelt sich Stress. Der Stress zeigt sich oft in körperlichen Reaktionen wie Schwitzen, Erröten, Magenschmerzen oder Zittern. Steuern können wir dies kaum, da die Schritte hin zur Stressbewertung unterbewusst stattfinden. Wie wir den Stress empfinden, nehmen wir bewusst wahr. Jetzt folgt der nächste Schritt: Wie komme ich mit dem Stress zurecht?

Es stehen uns zur Stressbewältigung im Alltag zwei Optionen zur Verfügung, die wir überprüfen:

  1. Wie kann ich etwas an der Situation ändern?
  2. Es gibt keine Änderungsmöglichkeiten: Wie kann ich mich von der Situation emotional abgrenzen?

Letztgenanntes lässt sich als emotionsbezogenes Coping bezeichnen. Der Gestresste versucht die Situation aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, um mit ihr besser umzugehen. Er grenzt sich von ihr gefühlsmäßig ab, damit sie ihn nicht mehr belastet. 

Burnout-Betroffene haben Defizite bei der Stressbewältigung. Ihre Bewältigungsmechanismen sind für sie selbst kontraproduktiv. Exakt hier müssen Betroffene ansetzen. Das hilft wirklich gegen Burnout.

Diskrepanz zwischen Realität und persönlicher Wahrnehmung

Stress ist das Resultat aus einer individuellen Berechnung einer wahrgenommenen Anforderung und den wahrgenommenen Bewältigungsoptionen. Daher können zwei Personen dasselbe Ereignis komplett anders wahrnehmen und bewerten. Somit kommen sie auch zu unterschiedlichen Handlungsoptionen. Vorerfahrungen sind für die Beurteilung der persönlichen Bewältigungskompetenzen entscheidend.

Das Selbstwertgefühl und das Kompetenzgefühl nehmen darauf einen großen Einfluss.

Hier gibt es einen Knackpunkt: Wir machen uns ein Bild von uns selber, welches für andere gar nicht existiert. Gerade Burnout-Betroffene bewerten sich oft als unfähig oder unzureichend, was jedoch nur eine negative Realitätsverzerrung ist. Das Gegenüber sieht sie als kompetent an.

Burnout überwinden: das hilft wirklich

Das Patentrezept für den Kampf gegen Burnout lautet:

  • Decken Sie Ihre individuellen Stressoren auf!
  • Hinterfragen Sie, warum es für Sie ein Stressor ist!
  • Analysieren Sie Ihre Stressbewältigung!
  • Arbeiten Sie an Ihrer Stresswahrnehmung und Stressbewältigung!

Das Patentrezept auch als Infografik. Klicke auf den Lnk oder auf das Bild für einen großen PDF Anblick, und der Möglichkeit die infografik zu drucken. Hier findest Du alle unsere Burnout infografiken

Infografik Burnout überwinden: das hilft wirklich

Dies sind große Aufgaben, die Zeit und Geduld erfordern. Oft kann es hilfreich sein, Vertrauenspersonen heranzuziehen. Sie können ein Feedback geben und dabei helfen, die Realitätsverzerrung aufzulösen. Lange Spaziergänge in der Natur sind ebenfalls ein bewährtes Hilfsmittel, um die Gedanken zu sortieren und um eine Situation klarer zu sehen. Eine gesunde Ernährung und Ausdauersport können das Wohlbefinden stärken, was ebenfalls bei der Überwindung des Burnouts hilft. Entscheidet ist jedoch stets die Verhaltensänderung. Nur wenn wir uns ändern und auf Situationen künftig anders reagieren, lässt sich das Burnout nachhaltig behandeln.

_________

Photo by Seth Doyle on Unsplash

Publiziert am
Mar 11, 2020
 in Kategorie:
Maßnahmen

Mehr zur Kategorie: 

Maßnahmen

ALLE ANSEHEN

Nehme an unserem regelmäßigen Newsletter teil und lies als erstes die neuen Beiträge:

Vielen Dank! Wir haben Deine Anmeldung erhalten.
Hoppla! Beim Absenden des Formulars ist ein Fehler aufgetreten.